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J.Maulbetsch

Blog: "Literatur - oder was man dafür halten kann"

Im Supermarkt des Lebens gehen wir Tag für Tag unseren Weg durch die Regale voller Waren. Bleiben hier und da stehen, schauen uns etwas genauer an und entscheiden uns dann, ob wir es gebrauchen können, oder nicht.
Das was du aus diesem Blog an Ideen gebrauchen kannst, nimm für dich mit. Alles andere lass getrost liegen.


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2019-04-14

Vom Leiden, von Wahn und von der Wirklichkeit

Vom Leiden, vom Wahn und von der Wirklichkeit - Auszug einer Szene aus einer etwas längeren und noch stark im Bau befindenen Geschichte.
 
Der Blick in den Spiegel ist vertraut und doch so fremd. Was man sieht ist nicht das wie man einen anderen Menschen sieht:
Man sieht sich mit der rechten Gesichtshälfte der rechten gegenüber- und der linken Gesichtshälfte der linken gegenüberstehen. Damit steht man mit dieser Flächenspiegelung im Kontrast zum Alltag, bei dem die linke Körperhälfte des Gegenübers seiner eigenen rechten Gegenüber steht und es eine Achsenspiegelung ist. Man kann sich weiterhin nicht selbst blinzeln sehen und hat manchmal den Eindruck, als ob sich an der spiegelglatten Oberfläche einem ruhigen Gewässer gleich, sich die Seele offenbart und man sich unweigerlich der Frage konfrontieren muss, wer das ist, der einen da anschaut und wer das ist, der hineinschaut.
 
Eine Zeit lang beobachtet der Mensch das Spiel das sich ihm bietet, wie sich die Person im Spiegel verändert, wie Stimmungen kommen und gehen, wie Schatten und Licht miteinander spielen. Plötzlich fährt es ein, der unendlich kleine Moment die Seele aufblitzen gesehen zu haben und schon war sie wieder verschwunden im Spiel von innerer Stimmung und äußerer Sinnung. Die Seele, Gott, das Universum, die Monade, die einzige Entität im Universum die Existiert um der reinen Existenz willen. Beneidenswert, denn diese Entität muss sich niemals die Frage stellen, ob sie sich für oder gegen das Leben entscheidet, sie hat es schon längst getan und zwar ohne jemals in das Leben geworfen zu werden, um sich erst dort, im Leben selbst, dafür oder dagegen entscheiden zu können, oder etwa doch?
Wenn die Seele sich im Menschen offenbaren kann, dann muss sie ihm doch auch eine Antwort darauf geben können. Gebannt und gespannt was passieren wird, gebannt vom Spiel starrt der Mensch in die Tiefen seiner selbst und kommt zur Ruhe wie sie nur die glatte Oberfläche eines Spiegels auszustrahlen vermag. Langsam verändern sich die Gesichtszüge im Takt der Atmung, langsam spielt Licht und Schatten im Schlag des Herzens, langsam vermischen sich Dinge und für kurze Zeit war es, als böte sich dem Menschen ein nie dagewesenes Spiel aus Vision und Wirklichkeit, aus Phantasie und einer Übersetzung der Sprache der Seele in eine ihm verständliche. Da fährt ein Gedanke ein wie ein durchreisender Zug und nimmt ihn fort in die Weiten des Welten-alls, woher kommt die Weltenseele die alles zu durchdringen scheint?
 
Die Frage reist ihn fort an einen Ort an dem merkwürdiges geschieht. Es gibt dort einen Thron, der von so blendend grellem und reinem Licht erfüllt ist, dass er das gesamte Universum auszuleuchten vermag und dabei selbst ein Teil des Ganzen ist. In perfekt symmetrischer Anordnung stehen um den Thron Wesen die selbst Leuchten. Die ganz nah am Thron leuchten ebenso wie dieser und je weiter sie vom Thron weg sind, leuchten sie mal weniger, mal genau so herrlich wie der Thron selbst. Je nachdem ob sie in der symmetrisch und fraktalen Ordnung stehen die es ihnen von den geltenden Gesetzen des Kosmos her erlauben ein Teil des Thronlichtes zu sein. Die Ordnung ist so perfekt, dass sie jeden Winkel des Universums erreichen kann. Fast wie ein Blutgewebe mit dem Herzen in der Mitte. Von weit draußen dringt eine dunkle Kälte wie in Windstößen heran und steht im Kontrast zur geborgenen Wärme des Thronlichtes. Der Mensch versucht zu verorten von wo die Kälte und die Dunkelheit und mit ihr eine durch Mark und Bein gehende Furcht herzieht, doch er findet sie nicht. Alles was er sehen kann ist Ferne. Ist Tiefe. Ist Leere. Und in dieser Ferne leuchten dennoch Lichtpunkte. Schwach flackern sie in den kalten Weiten und trotzen der Furcht. Eines dieser Lichter wird größer, kommt näher, wird intensiver, heller und gleisender. Die Wesen stehen in stoischer Ruhe auf den Thron gerichtet als erwarteten sie jemanden, als wüssten sie was kommen wird. Der Mensch schaut und sieht, doch begreift noch nicht, während das Licht immer näher rückt. Das Licht wird größer, schneller und schneller, kommt näher, es rauscht und vibriert wie eine einfahrende Untergrundbahn und kommt schließlich vor dem Thron zum Halten. Der Mensch kann sehen, dass es ein Wesen ist, ein Wesen, heller und reiner als der Thron, vor diesem es zum Stillstand kommt. Es steht und blickt voller Ehrfurcht auf den vor ihm stehenden Mittelpunkt des Kosmos, besteigt ihn voller Andacht und setzt sich hin - in Perfektion. Wie das Wesen seinen Platz einzunehmen beginnt durchdringt ein Mark und Bein erschütternder Ton den Kosmos, fast wie die Furcht der Dunkelheit, doch ohne Angst, ohne Leid. Es ist das was man am besten als Liebe kennt, bedingungslose Liebe. Und wie der Klang ertönt, verneigen sich alle Wesen vor Thron und dem Wesen und diesem wird dabei eine Krone gereicht. Im gesamten Kosmos gibt es kein Wesen das sich nicht verneigt, ob hell gleisend, weniger Hell, schwach gleisend oder finster wie die Nacht. Alle senken ihre Häupter und doch bleibt ein Gefühl zurück, dass ein Wesen es nicht getan hat. Und bevor dieser Gedanke noch zu Ende gedacht wurde, ziehen auch schon dunkle Wolken auf. Ein Sturm der auf seinem Weg zum Thron seine gewaltige Energie aus den finsteren und dunklen Wesen, Ecken und Enden des Kosmos ziehend diesem besetzten Thron entgegentritt. Langsam nähert sich der gewaltige Sturm und kommt vor diesem pulsierenden Herzen des Kosmos zum Stillstand und bringt mit sich die durch Mark und Bein fahrende Eiseskälte voller Furcht und Angst. „Wieso sollte ich mich vor dir Verneigen, bei all dem Leid und Schmerz den es dort gibt wo ich herkomme?“ Lautet die Frage die die Wolkenmasse stellt. „Schau und begreife. Du bist Ich in meiner Vergangenheit und ich bin du in deiner Zukunft. Dass du heute hier sitzen kannst, dafür musstest du viel lernen und begreifen. Einst wurdest du an diesem Tag an das Ende des Kosmos geworfen, dorthin wo kein Licht scheint, wo ewige Finsternis und tiefes Leid herrscht. Du musstest lernen dich dem selbstverschuldeten Leid zu entziehen, indem du den Weg der bedingungslosen Liebe einschlägst der dich eines Tages bis hierher auf den Thron führen wird. Dann wirst du verstehen wieso man sich vor dem Unglück des Heiligen verneigt. Wut bedingt nur größere Wut, Leid bedingt nur größeres Leid, Hass bedingt nur größeren Hass, Befriedigung von Lust, erzeugt nur noch mehr Lust; und Liebe bedingt nur noch mehr Liebe.“ Sie unterhielten sich noch weiter in vielen Sprachen und Gesprächen, doch die der Mensch nicht verstehen konnte. Da deudete die Lichtgestalt in Richtung des Menschen und bevor diese die Wolke dorthin zurück warf wo sie hergekommen war, sprach das Wesen zu ihr: „Frage den Menschen.” Und deudete dabei auf ihn, welcher bisher nur ein bedeutungsloser Beobachter war. „Er kämpft jeden Tag aufs Neue gegen die Verlockungen die sich ihm bieten in seinen Kleidern des irdischen Körpers. Doch immer wieder schafft er es zurück auf den Pfad der Guten und Gerechten, denn sein Geist weiß, dass er die Schnittstelle zwischen mir, dieser Ordnung und seines Körpers ist, der es ihm ermöglicht lebendig zu sein.“ Die Hand fuhr zurück und schleuderte einen winzigen Hauch in Richtung der Wolke. Die davon ausgehende und gigantische Druckwelle riss nicht nur die dunkle Wolke zurück an den Rand des Kosmos, sie warf auch augenblicklich den Menschen zurück vor den Spiegel indem er sich nun Auge in Auge mit sich selbst fragend betrachtet: War das jetzt Wahn oder Wirklichkeit?
 
 
Ist nicht das Leid selbst der Wahn in der reinen und lieblichen Wirklichkeit?
Wieso wurde Gott zu Gott und nicht ein anderes Wesen? Musste Gott etwa so viel Leid ertragen bis es begriffen hat, dass Götter nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten haben?
Bringt einen das Leid nicht viel Näher an das Wesen der Existenz?
Wieso waren denn alle die wir “Heilige” nennen, große Leidende?

Wenn man den lüsten der Welt entsagen kann, wieso kann man dann nicht einfach dem Leid entsagen wie man einem Schokoriegel, Auto, Buch, Stein, Stock, Apfel entsagen kann, ohne diese Dinge gleich zu leugnen?
Vor allem: Was ist es denn, das Leidet? Bin Ich es, oder ist es nur meine Lust dieses sinnlose Ding haben zu wollen, das leidet?

Admin - 14:59:01 | Kommentar hinzufügen