Im Supermarkt des Lebens gehen wir Tag für Tag unseren Weg durch die Regale voller Waren. Bleiben hier und da stehen, schauen uns etwas genauer an und entscheiden uns dann, ob wir es gebrauchen können, oder nicht.
Das was du aus diesem Blog an Ideen gebrauchen kannst, nimm für dich mit. Alles andere lass getrost liegen.
2019-10-25
Früher und Heute
Im Heute glauben wir oft: Früher, war es besser.
Eigentlich nur, weil im Rückblick das Leben so klar und deutlich scheint, der Blick in das Jetzt und die Zukunft dagegen, ungewiss und wirr ist.
Dabei war es Früher nur anders – Sorgen und Probleme sind geblieben, sie tragen heute nur andere Namen, andere Kleider…
Früher waren Kirchen, Moscheen und Tempel die größten und prächtigsten Gebäude der Stadt
Heute sind es Banken und Finanzgebäude
Früher glaubten die Menschen in ihren heiligen Hallen an eine flache Erde
Heute glaubt man dort an endloses Wachstum in einer begrenzten Welt
Früher war Geld etwas wert
Heute sind es Schulden
Früher arbeitete man für sein Leben
Heute lebt man für die Arbeit
Früher ging man zum Erbitten in die Kirche
Heute geht man dafür zum Bankautomaten
Früher starben die Menschen an Unterernährung
Heute sterben mehr Menschen an Überernährung
Früher verhungerten Menschen, weil es naturbedingte Katastrophen gab
Heute verhungern Menschen, weil die Menschen zwar diese Katastrophen in den Griff bekamen, nicht aber ihre Gier
Früher war eine Ware das wert, was deren Herstellung kostete
Heute ist eine Ware das wert, wovon Spekulanten träumen
Früher wurden Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt
Heute werden Ketzer bei lebendigem Leib an den Rand des Finanz-Systems verbannt
Früher griffen die Menschen begeistert in die Ströme der Natur ein
Heute glauben die Menschen es sei eine Sünde, man täte dies bei den Kapitalflüssen
Früher trugen die Kleriker und Priester scharlachrote Gewänder und ein Kreuz um den Hals
Heute tragen unsere Kleriker und Priester einen Anzug mit Krawatte
Früher predigten die Priester die Religionen: der Nächstenliebe, des Friedens, der Erleuchtung
Heute predigen unsere Priester die heilige Religion des Neoliberalismus – die freie Entfaltung der Gier
Früher zogen die Menschen aus dieser ägyptischen Herrschaft und siedelten im gelobten Land
Heute ist die ägyptische Herrschaft globalisiert – Wohin sollen die Menschen noch fliehen?
Früher waren die Menschen abhängig von dem was sie aßen
Heute sind sie es von bunten Papierschnipseln und Zahlen
Früher erklärte man den Menschen: Gott will es so
Heute erklärt man: Der Markt will es so
Früher glaubte man, um zu wissen
Heute weiss man, um zu glauben
Früher fühlte man, um zu wissen
Heute weiss man, um zu fühlen
Früher gab es Propheten
Heute gibt es Wissenschaftler
Früher gab es für alle sichtbar: Könige und Fürsten
Heute verstecken sie sich hinter der Herrschaft von Geld und Gier
Früher gingen all die Königreiche zu Grunde, die nicht auf ihre Propheten hörten
Heute verlachen die Mächtigen der Welt die Worte der Wissenschaft
Früher sagten die Mächtigen zu den einfachen Leuten: Das ist gut für uns alle – und meinten dabei nur sich selbst und ihre Geschäfte
Heute hat sich daran nichts geändert
Früher hatten die Mächtigen Angst um den Verlust von Macht und sozialem Ansehen
Heute hat sich daran nichts geändert
Früher gingen sie dafür über Leichen
Heute hat sich daran nichts geändert
Früher waren ihre Waffen für Genozid und Massenmord laut, schmutzig und gut sichtbar aus Holz und Stahl
Heute sind diese leise, schleichend und gut versteckt hinter Papier und Tinte - Einsen und Nullen
Früher war das lenkende Zepter der Mächtigen das Mehr-haben-können
Heute schüren sie dagegen Hass und Angst vor dem Verlust auf diejenigen, die wenig haben
Früher schweißte die materielle Not zusammen und ließ das soziale Miteinander erblühen
Heute erblüht das soziale Miteinander in den Gefühlen von Hass, Verlustangst und Misstrauen
Früher hatte man Angst vor dem Tod
Heute hat man Angst vor dem Leben
Früher war der Suizid nur als Individuum möglich
Heute ist es das auch für die Menschheit geworden, spricht die Atombombe
Heute stehen unter diesem Damoklessschwert die Fragen nach dem lebenswerten Leben in voller Blüte
Welche Früchte werden diese morgen bringen?
Wird es Übermorgen gelingen, all die fauligen Früchte zu erkennen, die nach wie vor in veralteten Denkmustern wurzeln und sich ständig in neuen Kleidern anschleichen?
Admin - 14:17:02 | Kommentar hinzufügen
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