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J.Maulbetsch

Blog: "Literatur - oder was man dafür halten kann"

Im Supermarkt des Lebens gehen wir Tag für Tag unseren Weg durch die Regale voller Waren. Bleiben hier und da stehen, schauen uns etwas genauer an und entscheiden uns dann, ob wir es gebrauchen können, oder nicht.
Das was du aus diesem Blog an Ideen gebrauchen kannst, nimm für dich mit. Alles andere lass getrost liegen.


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2019-02-22

Von Natur, Kultur und Zivilisation

Um verstehen zu können, was es mit den drei Begriffen auf sich hat und wieso heutzutage mit dem Begriff der Zivilisation ein wiedernatürliches Gefühl verbunden wird, sollte die Entstehungsgeschichte der Begriffe aus einem evolutionären Sinn heraus betrachtet werden.
 
Der Begriff der Natur beginnt mit dem, was man allgemein als “Big Bang” bezeichnet und das Leben in den uns bekannten Formen von Raum und Zeit beherbergt. Hierin entwickelte sich innerhalb dessen was wir als “Natur” bezeichnen die uns bekannten und unbekannten Lebensformen auf der Erde. Die sich zu entwickeln beginnenden Lebensformen fanden ihre jeweilige Nische in diese sie hineinwuchsen. Eine Veränderung der Nische brachte unweigerlich eine Veränderung der diese ausfüllenden Lebensform mit sich. Interessant ist hierbei, dass die jeweiligen Lebensformen stets im Einklang mit sich und ihrer Nische sind. So füllt ein Löwe exakt die Nische aus, für welche sein Organismus ausgelegt ist. Selbiges gilt für Wale, Giraffen, Wölfe, etc.
Vor ca. 2 Millionen Jahren ging aus dieser Entwicklungsgeschichte eine Spezies hervor, welche durch das Hineinwachsen in die Nische der Steppe das Fundament für den Kulturbegriff legte. Diese Spezies, selbst ein Teil der Natur, stellte eine völlig unfähige Spezies dar, wenn es um die Spezialisierung von etwas bestimmtem ging und geht. Diese Spezies kann weder so schnell sein wie ein Wolf, noch so stark wie ein Bär, fliegen wie ein Vogel noch so gut schwimmen wie ein Fisch. Der einzige Vorteil dieser Spezies ist es, dass sie greifen und somit auch be-greifen kann. Irgendwann fing diese Spezies an Arbeiten zu verrichten, welche nichts mehr mit der unmittelbaren Arbeit der Nahrungsbeschaffung zu tun hatte. Diese Art der Arbeit als eine Form des Umweg Denkens, ermöglichte es dem frühen Vorfahren des Menschen, effektiver in der Versorgung mit Nahrungsmitteln zu werden. Diese Form der Arbeit ging irgendwann so weit, dass es im entwicklungsgeschichtlichen Zeitraum einzelnen Individuen möglich wurde, sich allein von der Spezialisierung auf eine dieser “Zulieferertätigkeiten” zu versorgen. Die anderen Mitglieder der Gruppe konnten aufgrund der dadurch effektiver werdenden Nahrungsmittelbeschaffung diese Individuen mit Nahrung im Tausch gegen ihre Waren versorgen. Diese Individuen haben etwas aus sich heraus erschaffen was es so vorher so nicht in der Natur gab und der Begriff der Kultur kristallisierte sich heraus: Das etwas aus sich heraus gestalten, bzw. hervorbringen. Es geht also um etwas, das es so in dieser Form noch nicht in der Natur gab und sozusagen, zu dieser hinzugefügt wurde/wird.
 
Interessant wird diese Geschichte, wenn es zum Kulturbegriff über geht, wie er im ursprünglichen Sinne aus dem Lateinischen heraus verstanden wird. Die sprachliche Wurzel aus dem Lateinischen beschreibt etwas, das im ackerbaulichen Sinne gestaltet und gepflegt wird. Hier ist die Spezies Mensch an einem Punkt angelangt, an welchem diese durch die Gestaltung der Natur eine fundamentale Entscheidung fällte und sich auf den Weg in Richtung Zivilisation begab. Was ich damit meine ist folgendes: Das Kultivieren der Natur selbst, ermöglichte dem Menschen eine Bevölkerungsexplosion und wurde somit zur tragenden Säule des Überlebens der Spezies und damit verknüpft: des Individuums. Mit der Fähigkeit zu Ackerbau und Viehzucht, welche die Nahrungsbeschaffung so effektiv machten, dass jetzt nicht nur Handwerker mit versorgt werden konnten, sondern auch Verwalter, Bürokraten, Könige, Priester, Krieger, Bettler und Künstler. Mit der Entwicklung von Städten und Staaten war der erste Schritt in Richtung Zivilisation vollzogen.
Was hier passierte ist folgendes: Der Mensch konnte sich mithilfe des Kulturbegriffes seine “ihm gegebene” Nische erweitern und mittels Ackerbau, seine eigene Nische schaffen, bzw. er-schaffen.
 
Das, worin dieser Turmbau zu Babel im Moment gipfelt ist das, was wir als Zivilisation bezeichnen. Das Fundament, als auch der gesamte Turm, stellt die Natur dar und die Triebkraft ist die Kultur.
Die Fähigkeit durch technischen und wissenschaftlichen Fortschritt die sozialen und materiellen Lebensbedingungen zu verbessern ist das, was die aktuelle Spitze, die Zivilisation darstellt. Die Fähigkeit die Natur besser zu verstehen und begreifbar zu machen geht Hand in Hand mit der industriellen Revolution, welche nach der Sesshaftigkeit die zweite große Explosion darstellt. Nun konnte in einem immensen Ausmaß Menschen versorgt werden, dazu ständig neue Fähigkeiten gefunden und alte verbessert werden. Die Schattenseite dieser schnellen Entwicklung stellt der enorme Ressourcenhunger und die zunehmende anfallende Produktion von “unverdaulichem” Abfall dar. Konnte der Müll der Menschen vor der industriellen Revolution noch zum größten Teil von Kultur, angehender Zivilisation und Natur verwertet werden, sieht es mit den neu erschaffenen, gefundenen und synthetisierten Materialien dagegen zunehmend schwieriger aus.
Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges konnten sich die Menschen, eingebettet in die verschiedensten Versionen der Zivilisation, nach Belieben die Köpfe einschlagen, um ihre Sichtweise durchzusetzen, oder was weiss ich was es alles für wichtige Dinge es gab, um die es sich zu kämpfen lohnte.
Der Höhepunkt dieser Verhaltensweise waren die Materialschlachten des ersten und zweiten Weltkrieges, welche mit der Erleuchtung durch die Atombombe jäh zunichte gemacht wurden und wie übergroße Dinosaurier ausstarben.
 
Was war  bis hierhin passiert?
Die Natur konnte sich mithilfe der Kultur vor sich selbst emanzipieren, um nicht mehr von ihren Launen abhängig zu sein und “erschuf” mithilfe des Menschen den Begriff der Zivilisation. Das dumme an dieser Geschichte ist, dass der Mensch heute so von der Zivilisation und ihren Launen abhängig ist, wie zuvor von der Natur und ihren Launen. Im Prinzip hat der Mensch sich seine eigene Natur erschaffen und stülpt diese jetzt der Natur über. Um diese Diskrepanz zu überwinden, wird das Gefühl der Widernatürlichkeit gebraucht, wenn man an Zivilisation denkt. Man hat schlichtweg keinen Plan, wie man sich mit denselben Mitteln aus diesem Dilemma befreien kann, durch diese man sich erst hinein katapultiert hat. Der große Abstand zwischen Natur und Zivilisation kann im Moment nicht lustvoll überbrückt werden und führt deshalb über das Gefühl der Machtlosigkeit zum Gefühl der Angst.
Wieso Machtlosigkeit? Wir können uns nicht mehr mit den Mitteln raus hauen durch die wir uns in diese Lage gebracht haben. Dazu können wir nicht einfach davor in Kriegereien flüchten, oder resignieren, wie zuvor. In dieser Folge sind dem Menschen die zuvor so nützlichen Hände gebunden.
 
Was sind die zukünftigen Schritte?
Nicht nur aufgrund des gleisenden Lichtes der Atombombe deren Einsatz einem kollektiven Suizid gleichkommt, sondern auch aufgrund der immer feiner werdenden Wissenschaft und immer größer werdenden Informationsflut, wird die Menschheit dazu angehalten, sich nun vor der Zivilisation zu emanzipieren.
Was ich damit meine ist folgendes: Wenn die Obergeschosse zu üppig ausfallen und das Fundament zu schwach ist, bricht der Turm zusammen.
Die Aufgabe der aktuellen und kommenden Generationen wird sein: Mithilfe von Wissenschaft, Information und Technik eine Synthese der These Natur und der Antithese Zivilisation gelingen zu lassen.
Der mächtigste Verbündete der dabei auf Seiten der Menschen steht ist die Natur selbst. Die Zivilisation ist ein Kind der Natur und eben diese zeigt uns durch die diese erforschende Wissenschaft, wie es möglich sen wird, die Kreisläufe der Zivilisation so zu gestalten, dass diese wie die Vorbilder in der Natur, eben diese Natur und damit auch die darauf aufbauende Zivilisation, fördern.
 
Damit ist gemeint, dass die Antworten auf unsere Fragen schon längst in der Natur vorhanden sind. Wir müssen bloß die richtigen Fragen stellen.
 
tl;dr
 
Untrennbar mit einem kollektiven Umstellungsprozess ist der Individuelle Umstellungsprozess verbunden: Wie kann ich mich vor der Natur, vor der Zivilisation und vor mir selbst , als schaffendem Wesen, emanzipieren?
Die Kollektiven Probleme werden zu denen des Individuums und umgekehrt.
Wir können uns nicht alle in ein teures, autarkes “Hippie”-Leben zurückziehen, welches dem Planeten mehr schadet als nützt.
Irgendwann werden wir auch alt werden und dann zum Teufel mit dem harten, autarken Hippie-Glück. Dann will ich meinem voll automatisierten Altersbunker auf den Sensenmann warten.
Oder, um es mit Gandhi zu formulieren: “Die Welt ist groß genug für die Bedürfnisse aller, aber zu klein für die Gier einzelner.”
 
Die Frage die versucht worden ist zu beantworten: Wo kommen die Begriffe von Natur, Kultur und Zivilisation her?
Die Frage die bleibt ist: Quo Vadis?

Admin - 19:17:05 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen

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